Dass die Rückgabe der Witbooi Bibel und Peitsche erfolgreich verlaufen würde, war im Vorfeld keineswegs klar.
Wem sollten sie etwa zurückgegeben werden?
Dem namibischen Staat oder der Familie Witbooi? Und wie wirkt sich der Streit um die Wiedergutmachung für den Genozid an OvaHerero und Nama hierauf aus?
Die namibische Regierung unter Präsident Geingob und insbesondere die zuständige Bildungsministerin Katrina Hanse-Himarwa reklamierten Hendrik Witbooi als Nationalheld, weshalb Bibel und Peitsche auch als Nationalerbe behandelt werden sollten.
Demgegenüber bestreiten Vertreter*innen der OvaHerero und Nama, dass die namibische Regierung sie in diesen Fragen, insbesondere hinsichtlich des Genozids vertreten darf.
Sie pochen auf ihren Minderheitenstatus in Namibia und berufen sich auf die UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker von 2007.
Weder die namibische noch die deutsche Regierung akzeptierten es bislang, die Betroffenen als dritte Partei an den Verhandlungen zu beteiligen.
Die Beteiligung der Nama wird außerdem dadurch erschwert, dass das Amt als Kaptein (Traditional Leadership) seit Jahren vakant ist. Zum einen gibt es mehrere Anwärter, zum anderen hat die namibische Regierung bislang keinen als legitimen Nachfolger anerkannt.
...und in Deutschland
Auf deutscher Seite war die politische Zuständigkeit kaum einfacher: Das Auswärtige Amt ist für ausländische Staaten der erste Ansprechpartner, doch für Kulturfragen sind die Bundesländer zuständig.
Und weil das Linden-Museum zu gleichen Teilen der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg gehört, mussten Stadtrat und Landtag beide zustimmen. Von konservativen und rechtsextremen Politiker*innen wurde die Rückgabe in Frage gestellt.
Mit Hilfe der beiden Botschaften konnte das Abkommen schließlich ausgehandelt und unterzeichnet werden.
Vereinbart wurde: Bibel und Peitsche werden über den namibischen Staat an die Witbooi zurückgegeben. Diese übergeben dann Bibel und Peitsche dem Nationalarchiv zur Aufbewahrung.
Beim Staatsakt der Rückgabe kamen nicht nur die Regierungsvertreter zu Wort, sondern auch die Ältesten der Nama. Elizabeth Kock forderte:
„Germany should return all objects that were looted and that are kept in museums.“
Doch nur selten lassen sich Umstände einer illegitimen Aneignung und die ursprünglichen Besitzer so eindeutig ermitteln wie im Falle der Benin-Bronzen oder der Witbooi Bibel und Peitsche.
In den meisten Fällen bleibt die Rückgabe kolonialer Museumsobjekte ein komplexes, intensiv diskutiertes Thema...